„Nur wer die Vergangenheit kennt, kann in der Gegenwart aktiv Zukunft gestalten“
(Foto Frederik Grüneberg)
Unter diesem Motto könnte man die diesjährige Herbstwerkstatt der Brüdergemein-Jugend vom 2-5. Oktober 2014 in Berlin zusammenfassen. Das Thema der Werkstatt war „Grenzen überwinden – Versöhnung finden“ und dank des extra Tages konnte das Planungsteam dieses Thema auch sehr schön in das wieder sehr dichte Programm der Werkstatt integrieren. So waren am Freitagvormittag Zeitzeugen anwesend, die aus ihrem Erleben in der DDR berichten konnten und die wir mit Fragen löchern durften. Es fand ein Austausch zwischen Jung und Alt statt, was uns die Möglichkeit gab, unsere Vergangenheit noch besser kennen lernen.
Aber natürlich wurde nicht nur über die Vergangenheit nachgedacht, sondern die Gegenwart analysiert. So war ein weiterer längerer Block die Auswertung der diesjährigen Veranstaltungen der Herrnhuter Brüdergemein – Jugendarbeit. Dank eines Fragebogens diesmal auch noch detaillierter.
Außerdem gab es Workshops zu aktuellen Themen der Brüdergemeine: „Abendmahl“, „Homosexualität“, „Jugendreferenten-Stelle und Struktur der Jugendarbeit“ und „Prävention sexueller Übergriffe“. Alle diese Gruppen, die neben einer Gottesdienstvorbereitungsgruppe sich am Freitagabend trafen, beförderten einen produktiven Austausch unter uns Jugendlichen.
Die Abendmahlsgruppe stellte sich die Fragen: „Was bedeutet Abendmahl heute, und vor allem uns als Jugend?“, „Was ist eigentlich der Ursprung?“ und „Warum finde ich Abendmahl wichtig?“. Da spätestens in diesen intensiven Diskussionen klar wurde, dass vor allem für uns als junge Menschen noch viel Gesprächsbedarf im Bereich Abendmahl besteht, ist es schön, dass wir als eines der Ergebnisse der Werkstatt ein Jugendwochenende zu diesem Thema im nächsten Jahr verkündigen können.
Zum Thema „Homosexualität“ wurde mit einer von Bischof Theo Clemens moderierten Gruppe der wertschätzende Dialog zwischen den verschiedenen Meinungen weiter geführt und vertieft. Der Dialog ist dabei das zentrale Anliegen der Jugend auch in der Frage, ob wir für gleichgeschlechtliche Partnerschaften um den Segen Gottes fragen wollen und eine öffentliche Segnungsfeier für uns in Frage kommt. Es tut gut, dass wir obwohl wir unterschiedliche Bibelinterpretationen haben, die Meinung des anderen nicht sofort als Quatsch abtun. Wir sollten aber im Hinterkopf haben, dass wir jeden Mitmenschen lieben sollen und daher aufpassen sollten, ob wir nicht mit bedachten und unbedachten Äußerungen den jeweiligen Gegenüber vor den Kopf stoßen.
Die „Prävention sexueller Übergriffe“ hat als ein Ergebnis, dass wir uns nun als ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiter_innen einen Ehrenkodex gegeben haben. In 10 Punkten wird klar unsere Verantwortung benannt und uns konkrete Handlungsmöglichkeiten gegeben. Der Ehrenkodex kann bei Bedarf bei unseren Jugendbeauftragten angefordert werden.
Die Gruppe zur Jugendreferentenstelle, die seit Kurzen vorläufig suspendiert ist, war auch sehr produktiv. Unter der kompetenen Begleitung von Schwester Andrea Becker, ihres Zeichen Jugendsynodalin für den deutschsprachigen Raum, konnte der Prozess der Einsetzung, der Schwierigkeit der Etablierung und nun der Versuch des Rettens der Stelle nachvollzogen werden. Außerdem wurden konkrete Wünsche formuliert, was Jugendarbeit der Brüdergemeine braucht:
1) Klare Kompetenzverteilung im Jugendbeauftragten-Team
2) Der Prozess der Verbesserung der Kommunikation soll fortgesetzt werden. Die Idee eines runden Tisches mit Vertreter des Planungsteam der Werkstätten, allen Jugendbeauftragten, des zuständigen Direktionsmitgliedes und einen externen Beobachter bzw. Moderator muss unbedingt etabliert werden. Das erste Treffen im Mai 2014 kann dazu als Vorbild dienen.
3) Die bessere Einbindung der Jugend in den Alltag der Gemeinden der Brüdergemeine muss weiter angepackt werden.
Viele Gemeinden kranken daran, dass ihre Jugendkreise entweder nicht mehr existieren, zu wenige Personen beinhalten oder es sowieso nur die aktiven Jugendlichen erreicht. Daran muss dringend mit einer gemeinsamen Kraftanstrengung seitens der ehrenamtlichen und hauptamtlichen Jugendmitarbeitern, der Gemeinhelfer und Gemeindepädagogen und allen Gemeindemitglieder gearbeitet werden.
Die Gruppe, die von Bruder Frederik Grüneberg moderiert wurde, bekam auch einen Input in eine konkrete Vision. Nämlich die eines „Europäischen Jugendzentrum Herrnhaags“, ab 2017 als Fortsetzung der wichtigen Arbeit der Sozietät Herrnhaag und als Ergänzung zum Vereins der Freunde des Herrnhaag und der Jugendwerkstatt Herrnhaag. Ein ökumenisches Begegnungstreffen für Jugendliche aus ganz Europa, ob aus der Brüdergemeine, anderen Kirchen und Religionen oder nicht religiös gebunden, kann für die Brüdergemeine ein Leuchturmprojekt für die Zukunft sein. Hier kommt der letzte Satzteil des oben genannten Mottos zur Geltung: „Aktiv Zukunft gestalten“.
Für eine Konzeptualisierung der Idee hat sich auf der Werkstatt eine Arbeitsgruppe aus ehrenamtlichen Mitarbeiter_innen der Jugendarbeit gefunden, die nach ihrer Konstituierung sich mit den betreffenden Stellen in Verbindung setzen wird. Zu allererst natürlich an der Verein der Freunde des Herrnhaags als Eigentümer des Geländes und der Gebäude auf dem Herrnhaag, natürlich auch mit der Sozietät Herrnhaag als derzeitiges geistliches Zentrum des Herrnhaags, um Erfahrungen mitzunehmen, und auch mit der Jugendwerkstatt, um eine mögliche Einbettung ihrer wichtigen Arbeit in das Konzept zu überlegen. Sie sehen, es ist viel passiert auf dieser Werkstatt. Es gilt viel aufzuarbeiten, vieles vorzubereiten und einiges zu erarbeiten. Lasst uns das gemeinsam tun.
Daher der Appell an Sie, liebe Leserinnen und Leser dieses Artikels, unterstützt uns als Jugend da wo ihr könnt und tragt mit dazu bei, dass die Brüdergemeine nicht nur eine Kirche der Vergangenheit und der Gegenwart ist, sondern auch eine Kirche der Zukunft.
Wir haben unseren Teil wieder dazu beigetragen, in dem wir wieder ein breites Programm an Jugendwochenenden, Kinder- und Teeniefreizeiten und Begegnungsmöglichkeiten für 2015 auf die Beine gestellt haben. Wir stoßen aber als haupt- und ehrenamtlichen auch an Belastungsgrenzen, daher auch hier die Bitte nehmt Rücksicht auf uns, schenkt uns eure Aufmerksamkeit und bringt eure Wertschätzung für unsere Arbeit noch besser an die Frau bzw. an den Mann.
Wir freuen uns auf 2015 und auch darauf, dass unser Aufbruchssignal nicht ungehört verklingt.
(Foto Frederik Grüneberg)
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